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Birgit Welt

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Prof. Nayir
im Interview


Frau Prof. Dr. Dilek Zamantili Nayir ist Professorin für Deutsche Betriebswirtschaftslehre an der Marmara Universität in Istanbul. Sie lehrte im November 2019 als Gastdozentin das Modul „Wirtschaftsethik“ am Graduate Campus Hochschule Aalen.

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Frau Nayir, erzählen Sie uns bitte etwas zu Ihrem beruflichen Werdegang.

Nach meinem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Istanbul Universität war ich 12 Jahre in der Wirtschaft tätig, erst in 2 kleineren Unternehmen in den Textil- und PR-Branchen – und anschließend 10 Jahre lang bei Philips Lighting, wo ich sowohl in der Türkei als auch in Holland als „ex-pat“ gearbeitet habe. Ich habe in der Wirtschaft im Export und in der Öffentlichkeitsarbeit verschiedene Funktionen eingenommen, und habe vom Marketing über Marktforschung bis zum Produktmanagement ungefähr alles gemacht. Danach habe ich mich entschlossen, die Wirtschaft zu verlassen und eine akademische Laufbahn einzuschlagen. Erst habe ich eine Dissertation geschrieben, dann habe ich mich (kumulativ) habilitiert und seit 2016 bin ich „full professor“ am Deutschsprachigen Programm für Betriebswirtschaftslehre an der Marmara Universität und unterrichte am Lehrstuhl Unternehmensführung und Organisation.

 

Wie kommt es, dass Sie so fließend Deutsch sprechen?

Ich bin in Deutschland geboren und habe meine Kindheit bis zu meinem 12. Lebensjahr in Deutschland verbracht. Obwohl ich mein Deutsch danach in meiner Tätigkeit in der Wirtschaft fast nie anwenden konnte, habe ich doch zum Deutsch zurückgefunden, als ich an das deutschsprachige Programm kam. Und meine Freundschaften mit den Dozenten an den Hochschulen in Deutschland halten meine Sprache lebendig.

 

Was macht Deutsche Betriebswirtschaftslehre für Sie aus?

Wir nennen unsere Abteilung eine „Boutique-Abteilung“, weil wir eine der wenigen akademischen Institutionen in der Türkei sind, die die BWL in deutscher Sprache anbieten. Sie wissen, Deutschland und die Türkei haben seit vielen Jahren enge Beziehungen, ganz besonders der Wirtschaftsaustausch ist wichtig für die bilateralen Beziehungen. Die Freundschaft zwischen den beiden Ländern existiert seit dem 19. Jahrhundert - wenn man die kulturellen, literarischen und musikalischen Einflüsse aufeinander in Betracht zieht sind die Beziehungen sogar noch älter. Eine ganz besondere Rolle spielen heute sowohl die zahlreichen Investitionen von deutschen Firmen in der Türkei als auch die zehntausenden von Unternehmen in Deutschland, die von Deutschen mit türkischem Migrationshintergrund gegründet wurden. Deutschland ist mit Abstand der wichtigste Wirtschaftspartner der Türkei. Daher ist es uns wichtig, dass unsere Absolventen Deutsch können. Sie sprechen zwar kein perfektes Deutsch, sie kennen sich aber mit den Fachbegriffen der BWL aus und wissen etwas über die deutsche Kultur, sie sind mit ihrem Wissen sozusagen „boundary spanners“ zwischen den beiden Kulturen, daher können sie sich nach ihrem Studium mühelos in den deutschen und deutsch-türkischen Unternehmen einarbeiten, besser als andere!

 

Nachdem Sie nun hier das Modul „Wirtschaftsethik“ gelehrt haben – welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Konnten Sie Unterschiede zwischen türkischen und deutschen Studenten feststellen?

Es macht mir immer wieder Spaß, mit deutschen Studenten zu arbeiten, und auch die Gruppe diesmal war nett und interessiert. In Deutschland habe ich deutsche Studenten, lehre aber auf Englisch, und in der Türkei habe ich türkische Studenten, lehre aber auf Deutsch – also irgendwas ist immer verkehrt!
Deutsche Studenten sind fleißig, pünktlich, denken mit und nehmen immer gerne an Diskussionen teil. Die türkischen Studenten sind weniger pünktlich, muss ich sagen, aber das ist eben die südliche Kultur – so bin ich manchmal auch.
Auch die türkischen Studenten können sich schnell für ein Thema begeistern und endlos diskutieren. Sie können sich in sehr kurzer Zeit in die Materie einarbeiten und improvisieren auch wenn einmal nicht alles vorgegeben wird!
Am liebsten habe ich es aber, wenn deutsche und türkische Studenten in Gruppen zusammenarbeiten – ich liebe es, die Entwicklungen mit zu beobachten, die diese Gruppen bei interkulturellen Projekten durchleben. Die Türken bringen die kreativen, unkonventionellen Ideen mit, die man dann aber irgendwie darstellen muss. Dann bringen die Deutschen die nötige Ordnung und Disziplin mit ins Team, das tut den Türken wiederum gut – und so wird das Ganze zu einem Zusammenspiel zwischen „Yin und Yang“.